Politische Willensbildung Teil 4
Kaufen steht bei der politischen Willensbildung für Identifikation und Verkaufen für Konfrontation. Nennen wir es also Einheit und Kampf der Gegensätze. Oder Axiom ist gleich Gegenaxiom. Oder Kaufen versus Verkaufen. Verkäufer versus Käufer. Kommunikator versus Konsument. Wunsch versus Wirklichkeit. Bedürfnis versus Befriedigung. Identifikation versus Konfrontation.
Diese Dialektik treibt die soziale Entwicklung der Menschheit. Auch wenn die Wörter, die für Kaufen und Verkaufen also Identifikation und Konfrontation benutzt werden und wurden variieren. Menschen kaufen bzw. entscheiden sich, so oder so zu handeln. Diese Interaktionen gehören zum menschlichen Handeln. Verkäufer und Kommunikator müssen allerdings nicht immer aus Fleisch und Blut sein. Politische Inhalte sind auch nur virtuelle Produkte, die sich selbst verkaufen. Ideen verkaufen. Visionen verkaufen. Verpackungen verkaufen. Bilder verkaufen. Worte verkaufen. Haptik verkauft. Filme verkaufen. Plakate verkaufen. Briefe verkaufen. Websites verkaufen. Mathematische Algorithmen verkaufen. Storys verkaufen am besten. Alles was kommuniziert verkauft.
Verkaufen ist Kommunikation – Kaufen auch
Alles ist Kommunikation. Aber wer oder was kommuniziert? Nicht nur der Verkäufer, der menschliche Kommunikator. Nicht nur die politische Marke. Nicht nur die Wahlwerbung. Nicht nur der politische PoS. Politische Kommunikation ist ein komplexer Prozess, den wir gelegentlich gern in einfache Bestandteile zerlegen, um dann zu sagen, so funktioniert es. Den Kommunikationsprozess mit einem Menschen im Einzelnen aufzuschlüsseln und in seiner Gesamtheit zu analysieren ist allerdings praktisch unmöglich, denn dann müssten wir das gesamte biografische Gedächtnis des jeweiligen Rezipienten auslesen können. Das können wir heute noch nicht und die Wahrscheinlichkeit, dass das zu unseren Lebzeiten möglich wird, erscheint derzeit auch nicht sehr groß.
Aber genauso wie wir per Abstraktion Verkäufer- und Käufertypen klassifizieren können, ist es auch möglich Wähler und politische Handelnde zu profilen sowie die politische Sensorik zu entschlüsseln und entsprechende Handlungs- und Denkmuster zu identifizieren und abzugleichen. Dazu bedienen wir uns unseres gesunden Menschenverstandes, also den individuellen Erfahrungswerten, und vielen wissenschaftlichen Erkenntnissen aus der Verhaltens- sowie aus der Hirnforschung.
Im Mittelpunkt eines jeden Verkaufsprozesses steht natürlich immer das Produkt oder die Dienstleistung selbst – das/die allein schon durch seine/ihre physische und „geistige“ Existenz kommuniziert. Farbe, Form, Material, Konsistenz, Funktionalität, Nutzen, Kontext, Sinngebung, das alles sind Informationen über das Produkt, die unser Gehirn wahrnimmt, verarbeitet, mit Erfahrungen abgleicht und so speichert, dass sie unbewusst oder bewusst erinnert werden können.
Darauf, was unser Gehirn speichert, haben wir weder Einfluss noch bewussten Zugriff. Alles was uns allgemein emotional berührt, was uns in der jeweiligen Situation als hilfreich erscheint und was unserem Denken und Handeln einen persönlichen Sinn zu geben scheint, wird ins Langzeitgedächtnis transportiert. Wobei das Wort Langzeitgedächtnis wahrscheinlich eine unzulässige Vereinfachung der Funktionsweise des menschlichen Gedächtnisses darstellt, weil wir noch nicht wirklich eine Ahnung haben, wie das genau funktioniert.
Wenn also Verkaufsratgeber und Verkaufstrainer uns darauf trimmen wollen, in der jeweiligen Verkaufssituation diesen oder jenen Verkaufstrick anzuwenden, ist das natürlich viel zu kurz gegriffen. Letztendlich entscheiden nicht die Empathie, die Überzeugungskraft oder die Fragetechnik des Verkäufers über den Verkaufsabschluss. Der Verkauf beginnt sehr viel früher – schon mit der Entstehung des Produktes, der Dienstleistung, der Marke.
Politische Willensbildung: Teil 1
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